Direkt nach dem Frühdienst ging es am Sonntag den 14.08.05 schnell aufs Boot, Leinen los und der Urlaub hatte angefangen. Das Abendessen kochten wir uns schon an Bord - Tortellini alla Panna, sehr lecker! Vor Travemünde setzten wir Segel und ab ging es Richtung Fehmarn. Wir hatten vor, non-stop bis in den Oslo-Fjord zu fahren, nach Hvitsten zu Thommi und Gudny.
Wir segelten in die Nacht hinein und erreichten in den frühen Morgenstunden des 15.08.05 den Fehmarnsund. Da die Tonnen im Fehmarnsund nicht beleuchtet waren, stierten wir zu zweit im Licht unseres Bordscheinwerfers in die Nacht um die Reflektoren an den eng stehenden Tonnen zu erkennen. Zum Glück war wenig Wind und wir kamen sicher unter der Fehmarnsund-Brücke hindurch. Das dauerte von morgens um 1 Uhr bis morgens um 3 Uhr, also hatte keiner von uns beiden viel geschlafen. Tagsüber war das Wetter aber wunderbar mit moderatem Wind und Sonne, so dass wir uns erholen konnten.
Wir sahen sogar mehrfach Schweinswale ein Stück entfernt. Nach einem wunderschönen Sonnenuntergang kam mehr Wind auf. Dazu gesellten sich kurze steile Wellen. So segelten wir in eine unruhige Nacht im großen Belt hinein. Es waren auch viele große Schiffe unterwegs, so dass wir ununterbrochen Ausguck halten mussten.
Am frühen Dienstagmorgen
kreuzten wir schließlich ein letztes Mal eine große Seeschifffahrtsstraße
und es wurde endlich hell. Der Wind nahm aber noch zu, so dass wir das Großsegel
voll reffen mussten. Wir waren beide ziemlich müde.Die
Idee, dass wir uns so im 4-Stunden-Takt würden ablösen können
und einer könnte also immer schlafen, ging vor allem aufgrund des vielen
Schiffsverkehrs nicht so recht auf. Wir waren uns beide einig, dass wir nicht
noch eine Nacht durchsegeln würden und liefen die Insel Anholt mitten
im Kattegatt an. Auf dem Weg hatten wir den Wind von schräg hinten und
wurden richtig schnell. Kurz vor Anholt spielten Schweinswale um unser Boot
herum, die Sonne schien wieder und alles war einfach schön. Müdigkeit
hin oder her. Wir waren nach nur 2 Tagen auf der Insel angekommen, zu der
wir letztes Jahr 2 Wochen unterwegs waren! Nach einigem hin und her hatten
wir unser kleines Boot am Steg für große Boote endlich fest. Mit
Heckanker, das ist auf Anholt so üblich und für uns, die wir das
nicht so gewohnt sind, immer stressig: Man fährt mit dem Bug auf den
Steg zu, schmeißt im richtigen Augenblick den Anker am Heck aus und
stoppt das Boot mit dem Bug vorm Steg. Wenn der Anker dann nicht gefasst hat
wird es lustig... Wir mogelten uns aber schön was zurecht indem wir längsseits,
also mit der Breitseite festmachten und dann den Heckanker mit dem Dingi nachträglich
usbrachten. Endlich wieder fest! 4 Boote weiter legte gerade Evas Zahnarzt
aus Lübeck mit seiner 15-Meter-Yacht an. So was, die Welt ist schon klein...
Essen, schlafen. Duschen hatte Zeit. Als wir gemütlich futternd im Cockpit
saßen, zeigte uns ein schwedischen Ehepaar, wie man´s macht !
Die beiden legten ihr 12- eter-Boot ohne Bugstrahlruder passgenau in die schmale
Lücke, die noch an unserer Steuerbordseite frei war. Mit Heckanker. Hut
ab! Wenn man sich selber nach ollendetem Hafenmanöver den Schweiß
von der Stirn gewischt hat, ist nichts nterhaltsamer, als anderen bei dem
Stress zuzugucken. Nun kam eine deutsche acht in den Hafen und verhedderte
sich beim Rückwärtsanlegen in der Ankerleine eines anderen deutschen
Seglers. Die Ankerleine hatte sich im Propeller gefangen, die eine Yacht trieb
an der Leine gefangen in der Mitte der Boxengasse, der
Heckanker der anderen Yacht hielt nicht mehr und ein Dominoeffekt drohte 5
Boote neben uns loszubrechen. Plötzlich war der ganze Steg involviert.
Wir hatte noch unser Dingi aufgepumpt und Daniel barg damit den Heckanker
während 2 Leute tauchen gingen. Schließlich stieg der Schwede neben
uns ins Wasser und schnitt die Ankerleine durch. Puh! Die eine Yacht war wieder
frei, der anderen Yacht half Daniel beim erneuten Ausbringen des Heckankers
mit unserem Dingi. Der Skipper der verhedderten Yacht verteilte Piccolos an
alle Helfer und es war ihm ganz peinlich. Aber es war keiner böse, das
kann alles schneller passieren
als man denkt. Evas Zahnarzt brachte uns ein paar Bücher über Schweden
und Norwegen vorbei und die Schweden neben uns luden uns auf Ihr Boot ein
zum
Schnack. Nette Leute! Sie gaben uns einige Tips für schöne Ecken
in Westschweden. Leider waren wir beide todmüde. Wir hätten gerne
länger eschnackt und den angebotenen Cognac angenommen. Aber so mussten
wir dringend noch was essen und dann schlafen, schlafen, schlafen. Am Mittwochmorgen
frühstückten wir schön und machten uns wieder auf den Weg gen
Norden. Wir konnten angenehm und vor allem schön schnell bei halbem Wind
Richtung Laesö segeln. Kurz vor Laesö zeigte das Lot plötzlich
nur noch 1,6 m Tiefe an. Nach dem ersten Schreck dachten wir, dass ein Quallen-
oder Fischschwarm wohl das Lot irritiert haben müsste. Gemütlich
segelten wir weiter in der Sonne dahin. Wir passierten kurz nach der Dämmerung
wieder eine große Seeschifffahrtsstraße und dachten, nun Ruhe
vor der Berufsschifffahrt zu haben. Daniel klaute sich eine Mütze voll
Schlaf und Eva hielt Wache. Sie war ziemlich gestresst, weil sich die Berufsschiffer
keineswegs an ihren (zugegebenermaßen nur empfohlenen) Weg hielten sondern
abkürzten. Somit waren wir immer noch von allen möglichen Positionslichtern
umgeben. Die große Fähre, die mit unglaublichen 22,6 Knoten nur
1,3 Seemeilen entfernt an uns vorbeidonnerte war schon ordentlich. Ein Frachter
kam uns so nah, dass Daniel ihn probehalber anfunkte. Es klappte gut, der
Funker meldete sich und Daniel konnte ihm sagen, dass
links von ihm noch ein kleines Segelbötchen im Meer schwimmt. Am Donnerstagmorgen
hatten wir das Skagerrak erreicht. Wir schaukelten bei wenig Wind aber noch
stehender Dünung von einer Seite zur anderen, die Segel schlugen und
der Baum drohte überzukommen. Sehr nervig. Wir haben uns dann auch ein
bisschen angemotzt, bis Daniel nach geraumer Zeit endlich auf die Idee kam,
das Vorsegeln auszubaumen und einen Bullenstander für das Großsegel
zu improvisieren. Dabei haben wir uns noch mal angeschrieen. Wir waren schon
etwas geschafft... Wir frühstückten den Rest "Mampf mit Pampf"
von gestern und tranken einen heißen Kakao. Hinter uns fuhr ein U-Boot
lang. Da zeigte das Lot wieder Blödsinn an -1,4 bis 1,7 Meter mitten
auf dem Skagerrak. Daniel war bsolut überzeugt, dass ein zweites U-Boot
zum Spaß unter uns durchtauchten
würde und durch Verwirbelung unser Lot durcheinander brachte. Ganz sicher!
Später fanden wir heraus, dass das Skagerrak hier so tief war, dass unser
Lot das nicht mehr richtig messen konnte.... Wir waren nun schon weit im Norden
und entschieden uns, eine Nacht gemütlich zu schlafen. Wir steuerten
Havstenssund an, ein kleines Örtchen in den westschwedischen Schären.
Total schöne Anfahrt in die Schären hinein, idyllisch gelegener
Hafen mitten in den Schären. Wie aus einer Astrid-Lindgren-Erzählung,
Ferien auf Saltkrokan oder so, ein superschönes Fleckchen Erde.
Wir waren plötzlich
hellwach und total
begeistert. Wir machten längsseits an dem kleinen Gästesteg fest
und genehmigten uns ein schönes Gläschen Wein. Danach duschten wir
wunderbar heiß mit
Schwips und kochten uns was Leckeres. Danach schliefen wir ziemlich tief und
fest.
Der Wecker ging am Freitagmorgen um 5.00 Uhr!!! Wir hatten noch eine ordentliche Strecke vor uns und um 5.42 Uhr sollte Sonnenaufgang sein. Und wir legten haargenau um 5.42 Uhr ab. Wir wurden auch dafür belohnt, wir segelten unter Großsegel und der schönen neuen Genua im Sonnenaufgang durch den Kosterfjord. Genial schön!
Wir setzten die norwegische
Gastlandflagge ganz genau beim Grenzübertritt nach den GPS-Koordinaten.
Leider stellte sich kurz vor dem Leuchtfeuer "Trestenene" Flaute
ein und wir mussten wieder motoren. Das nutzten wir aus um erstmals die neue
Schleppangel auszuprobieren. Wir warfen die Köder aus, befestigten die
Angel am Heck und wollten nun gemütlich beobachten, was passiert. Aber
mit Gemütlichkeit war nicht viel, schon surrte die Schnur und es hingen
2 Makrelen am Haken. Die Fische dann zu töten und auszunehmen war doch
ungewohnt und beeindruckend. Wir konnten uns aber nicht lange davon erholen,
weil sofort wieder 2 Makrelen angebissen hatten. Da konnten wir
die Angel dann auch schon wieder einpacken und lieber die Fische braten. In
jedem Fall waren sie sehr lecker! Und die Blutspritzer haben wir auch wieder
aus dem Cockpit gewaschen...
Abends kamen wir wirklich
in Hvitsten an. Alle kamen auf den Steg gelaufen: Thomas, Gudny, Lukas, Viktor,
Christian, Birgitta, Leonie und Laura. Christian war mit seiner Familie nämlich
auch gerade zu Besuch und wollten abends wieder abfahren. Thomas und Gudny
hatten uns in dem kleinen Mini-Hafen von Hvitsten einen Liegeplatz organisiert.
Die Kinder
wollten schon an Bord kommen, als noch nicht mal die erste Leine festgemacht
war. Logisch, aber etwas stressig für uns. Gudny kommandierte "Jetzt
Ruhe, bis alles fest ist" und dann durften die Kinder unser Boot endlich
entern.
Abends wurde bei Gudny
und Thomas im Garten gegrillt. Wir haben schön geschnackt, geduscht und
dann ganz tief geschlafen. Angekommen!!! Wir hätten nicht gedacht, dass
wir es wirklich bis fast Oslo schaffen würden. Gut 400 Seemeilen in 5
Tagen, Schon nicht schlecht!!!! Am Samstag den 20.08.05 schliefen wir lange
aus, bis Gudny zum allmorgendlichen Bad vom Haus herunterkam. Was man so Bad
nennt, es war eigentlich eher kurz untergetaucht... Wir frühstückten
dann mit Thommi, Gudny und den Kindern zusammen im Garten. Gudny machte uns
Latte Macchiato mit Kakao und Zimt auf dem Milchschaum. Großartig! Lukas
und Viktor fanden unser Riesenglas Nusspli interessanter. Nach dem Frühstück
brachte Eva Arne Valberg, dem Hafenmeister, ein Fläschchen Wein. Arne
sprach natürlich nur norwegisch. Das Gespräch war kurz und wortarm,
aber durchaus freundlich. Liegegebühren sollten wir nicht zahlen - "bare
ligg" (nur im Hafen liegen). Schon gut, wenigstens
ein bisschen die Landessprache zu beherrschen, macht Spaß. Mit den Fahrrädern
von Gudny und Thomas machten wir eine Radtour zum ca. 10 km nördlich
gelegenen Dröback. Es ging ganz schön hoch und runter durch Wald
und Felsen, über Brücken, durch Kornfelder, an Hütten und lauter
Steinpilzen vorbei.
Unser Boot wurde ja in Dröback gebaut in der Borge-Bringsvaerd-Verft. Inzwischen gab es keine Werft mehr, auch keine Überreste. Aber Dröback war auch so einen Besuch wert.
Zurück in Hvitsten
hockte das ganze Dorf am Hafen in der Sonne. Wir machten uns bereit, zu unserem
Propeller hinunterzutauchen um ihn von Seepocken zu befreien. Mit Taucherbrille
und Schnorchel von Thommi
machte sich Daniel an die Arbeit. Nach der Hälfte wollte Eva ihn ablösen.
Nach ein paar Minuten tauchte sie jedoch mit einem durch den Schnorchel hörbarem
Schrei wieder auf. Der unheimliche Blick unter Wasser auf den Keil und eine
am Boden schwimmende Qualle hatten Ihr den Rest gegeben - Paranoia. Vor Aufregung
fielen dann auch noch Taucherbrille und Schnorchel vom Steg. Daniel tauchte
heldenhaft in das 2,7 m tiefe Hafenbecken und holte beides wieder.
Abends luden wir auf unser Boot zum Nudeln essen unter der Kuchenbude ein.
Wir mussten ja beweisen, dass man auf dem Boot mit 6 Leuten schön essen
kann! Die Jungs wollten unbedingt den Motor sehen.
Daniel erzählte
von den großen steilen Wellen, die er im April mit Micha und Markus
in der Fakse-Bucht erlebt hatte. Da er aber auch vom Vorabend in der verkifften
Kneipe in Christiania in Kopenhagen erzählte, war Gudny seitdem der Meinung,
die Wellen hätten sie sich nur im Rausch so hoch vorgestellt. Aber die
drei hatten gar nicht gekifft! Am Sonntag machten wir alle zusammen mit unserem
Boot eine Tour zu einer näher gelegenen kleinen Insel. Familie Okkenhoug/Hartnik
trudelte so
gegen Mittag ein. Mit Taschen, Angel, Spielzeugboot, Bilderbüchern, Grill,
Bodybords, Flossen, etc., etc.. Wir segelten unter Spi los.Gudny
lag auf dem Vorschiff, fand es ganz super und fühlte sich wie im Bauch
vom Obelix. Nur doof, dass der Spi ihr die Sonne wegnahm. Leider schlief der
Wind schon nach 1 Stunde total ein und wir motorten weiter. Irgendwie haben
wir immer Flaute, wenn Gäste an Bord sind. Lukas fand das aber nur gut,
je größer und lauter so ein Motor desto besser. Und Viktor konnte
endlich in Ruhe sein Spielzeugboot hinterherziehen. Thommi und ich verlegten
uns aufs Angeln. Wir fingen auch 2 Makrelen, von denen sich aber eine wieder
ins Wasser zappelte. Thommi fand das in Ordnung: "Makrelen kämpfen
wenigstens richtig!" Die Makrele, die den Kampf verloren hatte, packte
ich mit Zwiebel, Knofi und Tomate in Alufolie für
den Grill. Wir ankerten dann vor der kleinen Insel Ramvikholmen auf 8 m Tiefe.
Daniel und ich beguckten uns das Ganze ziemlich lange, bevor wir dem Anker
trauten. Aber er hielt wirklich gut. Mit dem Dingi war Lukas der Fährmann
und brachte den Grill, Badesachen und uns alle auf eine der Insel vorgelagerte
Mini-Schäre. Wir grillten schön auf den Steinen in der Sonne. Nachher
gingen alle bis auf Daniel baden. Er fühlt sich ja im Wasser komisch
so ohne Boot, Surfbrett oder ähnlichem. Vorm Zurückfahren tranken
wir an Bord schön Kaffe und futterten Schokolade Lukas und Viktor durften
auf der Rückfahrt hinten dran im Dingi sitzen.
Sie fanden es ganz
gut aber eigentlich noch nicht schnell genug. Später sollte Eva das Spielzeugboot
nach hinten rauslassen, was sie auch tat.
Da meinten alle, Eva bräuchte unbedingt auch so eins. Viktor schlief
auf
halber Strecke im Dingi ein. In Hvitsten tranken wir mal wieder ein gutes
Weinchen und schnackten bis Mitternacht. Schließlich verabschiedeten
wir uns von Thommi und Gudny, denn wir wollten am Montag morgen früh
ablegen und in die westschwedischen Schären segeln. Schade, schon wieder
vorbei die Zeit..
Kurz nach 6 Uhr legten
wir am Montag den 22.08.05 in Hvitsten ab und waren unterwegs Richtung Süden.
Wir frühstückten unterwegs an Bord. Es gab immer noch keinen Wind
und wir motorten in der Sonne. Später bedeckte sich der Himmel und es
frischte ordentlich auf, ca. 5 Beaufort. Wir stritten uns auch beim Navigieren
und nervten uns gegenseitig an, saublöde Stimmung. Wir hatten vorgehabt,
bis Havstenssund zurückzusegeln. Aber das erwies sich als viel zu weit,
so dass wir uns vorher zwischen die Schären am Südende des Oslofjordes
verdrückten. Eva hatte inzwischen 3 Stellen mit Herpes auf der Nase,
das Wetter war etwas rau, wir fanden uns gegenseitig ziemlich doof und waren
auch recht müde nach 10 Stunden Fahrt. Wir ankerten vor einer Schäre
namens "Sauholmen".
Sau ist das norwegische
Wort für Schaf. Wir fanden sogar Felsenhaken vor, an denen wir Aphrodite
vorne und hinten festmachen konnten. Eva war im Dingi mit den Festmachern
unterwegs. Das Festmachen ging ganz gut und es begann Spaß zu machen,
im Dingi zwischen den Felsen umherzurudern, trotz voller Blase und leerem
Magen. Daniel hat sich gewundert und war vielleicht auch ein bisschen enttäuscht,
dass Eva nicht ins Wasser gefallen ist. Leider sprang dann unsere Heizung
nicht an. Das wäre jetzt schön gewesen. Statt dessen gab es heißen
Kakao, für Eva mit einem Schuss Rum. Daniel kochte "Mampf mit Pampf"
und das half! Die Welt sah am Dienstagmorgen viel freundlicher aus und wir
mochten uns auch wieder leiden. Der Himmel war zwar bedeckt, aber der Wind
hatte im Gegensatz zur Nacht nachgelassen und es regnete es nicht. Wir segelten
maximal hoch am Wind auf das Leuchtfeuer "Trestenene" zu. Daniel
angelte 3 Makrelen, aber 2 kämpften sich zurück ins Wasser. Kurze
Zeit später klarte der Himmel auf und bald schien richtig die Sonne im
Kosterfjord bei moderatem Wind. Ach, war das schön! Der Kosterfjord war
auch auf der Hinfahrt so schön gewesen. Geruhsam wurde es natürlich
trotzdem nicht, denn Daniel entdeckte 2 Boote, die in unserer Richtung fuhren.
Und wenn mehrere Boote in die gleiche Richtung fahren, ist das seiner Meinung
nach eine Regatta. Und bei einer Regatta ist alles wie immer, nur dass wir
schneller sind als die anderen. Tiefer im Fjord musste für den heutigen
Sieg die Fock in unsere schöne neue Genua getauscht werden. Wir versägten
den "Charterbomber", aber das 2. Boot segelte uns davon. Nach dem
"Rennen" genossen wir beide die Einfahrt tiefer in die Schären
Richtung Havstenssund.
Leider fingen wir keine Makrelen mehr. In Havstenssund lagen die Gewinner
der Regatta neben uns, Schweden in unserem Alter. Wir schnackten übers
Angeln. Die Schweden erzählten uns, was ein Paravan ist. Das ist ein
kleines Schiffchen hinter dem die Hakenreihe hängt. Wenn kein Fisch dran
ist, geht der Paravan auf Tauchfahrt. Wenn dann ein Fisch anbeißt, wird
der Paravan anders angeströmt, schwimmt an die Oberfläche und zeigt
so an, dass was an der Angel hängt. Die Heizung sprang an diesem Abend
an. Sehr schön! Wir brieten die Makrele und machten den Rest "Mampf
mit Pampf" warm. Alles schön gemütlich! Am Mittwochmorgen kauften
wir als erstes einen Paravan. Im Set gab es dazu eine kräftige Schnur
auf Spule und hintendran einen Silberblinker
mit Haken. Alles für 95 Kronen, also gut 10 Euro. Wo wir schon am Geld-
usgeben waren, kauften wir noch einen Dorschpaternoster und einen neuen Pilker.
Den alten Pilker hatte Daniel vor Sauholmen verloren, als er die Angel ausgeworfen
hatte. Es war ordentlich Wind, wieder so ca. 5 Beaufort. Wir düsten im
2. Reff mit der Fock durch die Schären und Schärchen. Das Wetter
war genial und die Natur wunderschön. Man konnte gar nicht anders als
glücklich sein.
Zwischendurch standen Eva aber die Haare zu Berge bei der engen Navigation
zwischen den vielen kleinen Schären mit ihren Steintürmchen, Felszeichen,
verschiedenen Tönnchen und Leuchtfeuern. Daniel konnte sich wie so oft
schneller orientieren, zum Glück. Navigation mit dem GPS hilft zwischen
den Schären wenig, denn man muss teilweise auf 100 m genau anhand von
Seezeichen und Schärenformationen navigieren. Bis man einen GPS-Punkt
in die Karte übertragen hätte, wäre man schon 3x auf Grund
gelaufen. Genial, wenn vor oder hinter uns ein Segel zwischen den Steinen
auftauchte, bis irgendwann auch der Rumpf hinter den Steinen zum Vorschein
kam. Zum krönenden Abschluss motorten wir noch durch den engen Hamburgsund
zwischen Häusern, roten Bootsschuppen, einer Mini-Seilfähre und
vielen kleinen Stegen hindurch.
Kurz hinter Hamburgö und dem Hamburgsund ankerten wir in der hufeisenförmigen Bucht hinter der Doppelinsel Dannemark/Ulön. Es gab zwar 3 Muring-Bojen in der Bucht, von denen nur eine besetzt war. Aber diese Bojen sind den itgliedern des schwedischen Kreuzerclubs vorbehalten. Unser Anker schien gut zu halten,
obwohl es noch einigermaßen windig war. Wir schalteten den Ankeralarm
an Evas GPS ein. Auf Daniels GPS gaben wir die Koordinaten der kleinen Schäre
in Lee von uns sowie unseren Standort ein, so würden wir es auf dem Bildschirm
erkennen, wenn wir uns der Schäre nähern sollten. Daniel ließ
den Standort der Schäre auf dem Bildschirm als Totenkopf darstellen....
Es war noch früh (16 Uhr), wir tranken zum geglückten Ankermanöver
heißen Kakao, buken ein Brot in der Pfanne und angelten. 3 Stunden lang
saßen wir im Cockpit und bewegten stupide die Angelruten auf und ab.
Und uns wurde dabei kein Stück langweilig. Daniel hatte sich aus der
Paravan-Angel mit Hilfe des Bootshakens eine Pilkerangel gebastelt und fing
damit ziemlich schnell einen großen Steinbutt. Der Haken hing aber in
der Seitenflosse des Plattfisches. War der Fisch wirklich zur Angel geschwommen
oder hatte Daniel ihm den Haken einfach durch die Flosse
gezogen? Egal, Hauptsache gefangen! Eva fing nur 3 Mini-Makrelen. Eine appelte
sich zum Glück selber wieder los. Aber die anderen beiden hatten sich
den viel zu großen Haken so fest quer durch den Kopf gezogen, dass man
sie nach dem Befreien nur noch der Möwe lassen konnte, die neben dem
Boot schwamm und auf ihren Anteil wartete. Das war dann doch zu traurig und
wir packten die Angeln ein. Wir brieten dann den Butt schön in Butter.
Dazu gab´s Kartoffeln und wir hatten auch noch eine Zitrone. Ach, war
das lecker! Noch viel besser als Makrele, obwohl wir die auch schon gerne
gegessen hatten. Abends frischte der Wind wieder auf und wir schliefen unruhig.
Donnerstag Nachts um ca. 02.30 Uhr war es dann soweit, der Ankeralarm ging
los und der Totenkopf kam näher. Zum Glück aber sehr langsam. Vielleicht
war der Anker auch nur ein kleines Stückchen gerutscht und saß
wieder fest. Auf jeden Fall hatten wir uns merklich auf die Schäre zu
bewegt. Wir zogen uns das Ölzeug und die Gummistiefel an und stapften
tapfer an Deck in die Nacht mit Regen und Wind. Mit dem Bordscheinwerfer suchten
wir die 3 Muring-Bojen, die zum Glück Reflektoren trugen. Alle waren
frei und wir wollten jetzt doch an einer von ihnen festmachen. Eva bekam den
Anker kaum heraus. Der Anker war so voller Seegras, Faulschlamm und orange-glibberigem
Fischlaich, dass man ihn kaum an Bord hieven konnte. Mit diesem ganzen ekligen
Kram dran war der Anker
unglaublich schwer. Losschütteln konnte man das Zeug nicht. Da musste
Eva dann sehr tapfer sein und mit den bloßen Händen den ekligen
Klumpen mit den auseinanderfisseln. Das Deck sah nachher aus, überall
noch oranger Glibber, Seegras und Schlamm. Wir fuhren aber erstmal zur Boje
und machten uns daran fest. Puh, aufatmen, endlich sicher fest! Eine halbe
Stunde machten wir noch das Vordeck und den Anker sauber. So viel Schmier!
Und die Hände rochen noch nach dem Faulschlamm, auch nach 3x waschen.
Eva hat sich deshalb mitten in der Nacht die Fingernägel geschnitten.
Bloß jedes Restchen Fischlaich entfernen! Zur Belohnung konnten wir
noch ein paar Stunden tief und sorgenfrei schlafen.
06.30 Uhr ging der Wecker für den Seewetterbericht um 06.40 Uhr: 5 bis
7 Windstärken aus Süd, später Südwest. Aha, gar nicht
wenig. Aber im Moment war es etwas ruhiger, es regnete auch nicht mehr und
wir konnten ja im Schutz der Schären bleiben. Für alle Fälle
machten wir uns Pfannekuchen und schlugen uns ordentlich den Bauch voll. Gut
satt setzten wir dann die Segel. Der Wind blies
wirklich ordentlich, aber mit der inzwischen bewährten Kombination aus
Arbeitsfock und Groß im 2. Reff ging es gut. Als wir dann an die erste
Stelle kamen, an der uns keine schützenden Schären vor dem Skagerrak
schützten, konnte man die Wellen heftig an den Felsen und überspülten
Steinen brechen sehen. Und es gab nicht viel Platz zum Navigieren in diesem
Stück.
Dann setzte Nieselregen
ein, der sich zwischendurch zu Schauern auswuchs. Ok, wir konnten ja nicht
immer Sonne haben... Schön war es trotzdem. Weiter südlich im Sotekanal
war es plötzlich richtig friedlich. Fast Flaute und aalglattes Wasser.
Eine kurze Verschnaufpause, die wir aber zu allem möglichen nutzten:
Toilettengang, dann Position bestimmen, Logbuch schreiben, O-Saft holen, fotografieren,
filmen, Hupe klarmachen, steuern. Die Hupe brauchten wir für die Brücke
im Sotekanal, die auch für Yachten keine ausreichende Durchfahrtshöhe
hat. Von Norden kommend sollte man 0,5 Meilen vor der Brücke 2x lang
und 2x kurz hupen, damit die Drehbrücke geöffnet wurde. Daniel hupte
ordnungsgemäß und war total stolz, als dann die Brücke wirklich
aufschwang. Das war nett. Machte Spaß!
Als wir aus dem Kanal
heraus kamen, stand uns eine steife Brise
entgegen. Hier waren sie, die 7 Windstärken! Aber die Schweden und Norweger
um uns herum waren auf ihren Segelbooten noch guter Dinge. Eigentlich hatten
wir noch einiges weiter fahren wollen. Aber bei 7 Windstärken wurde es
langsam stressig. Im Prinzip war zwar alles noch machbar, aber wir waren bei
den Bedingungen sehr angespannt. Wir fanden in Hasselösund einen Hafen
mit viel Platz zum Anlegen an einem der äußeren Stege.
Ein Deutscher mit einer Hallenberg Rassey 35 lag schon am Steg und half uns beim Anlegen. Er wurde dabei ganz nass im Regen, ohje.... Wir standen danach noch eine ganze Weile auf dem Steg und bestaunten den Starkwind und unser Boot, bevor es mal wieder heißen Kakao gab, für Eva mit einem Schuss Rum. Daniel erster Versuch zu duschen endete am Boot nebenan, wo er sich mit dem Deutschen, er hieß übrigens Elmar, festquatschte. Elmar war mit 4 Kindern und einem Mitarbeiter seines Kinderheimes unterwegs. Seine Frau war schwer krank und konnte nicht mehr mitkommen. Gut, dass wir unsere Möglichkeiten nutzen und viel unterwegs sind. Wer weiß, wie es uns mal erwischt. Inzwischen machte Eva Bratkartoffeln und als die fertig waren, musste Daniel erst mal wieder an Bord kommen.
Später saßen
wir in Elmars Cockpit, tranken zusammen Wein, tauschten Tips für schöne
Ecken und kauften Elmar ein Buch ab, das er doppelt hatte. Das Buch enthielt
Luftaufnahmen von Schären mit Kennzeichnung vorhandener Felsenhaken und
Angabe der Wassertiefen. Sehr praktisch! Am Freitag dem 26.08.05 waren wir
um 8.10 Uhr wieder unterwegs. Es war immer noch viel Wind, und wir machten
ordentlich Seemeilen bei nicht allzu viel Schräglage Wunderschöne
Landschaft! Zwischen den Schären geschützt ging es Richtung Mollösund.
Wir sahen einen Haufen Seehunde auf einer Minischäre in der Sonne faulenzen.
Mollösund lag wieder mal wie aus einem Astrid-Lindgren-Buch zwischen
den Schären mit roten Bootsschuppen, vielen kleinen Stegen und Mini-Häfen.
Langsam näherten wir uns Smögenholmen, unserem Tagesziel. Dort wollten
wir nach Elmars Beschreibung Felsenhaken aufsuchen. Kurz vor Smögenholmen
wurde es wieder offener zum Skagerrak hin und es standen hohe Wellen. Die
Einfahrt unterhalb von Smögenholmen ließ uns den Atem anhalten.
Große Wellenberge schoben uns in die Bucht hinein. Aber Dank unseres
tapferen Einbau-Diesels zusätzlich zu den Segeln lief Aphrodite nicht
aus dem Ruder. Das durfte sie auch nicht, links von uns brachen die Wellen
an einem überspülten Stein, rechts von uns war eine Untiefe von
1,2 m und vor uns die Felswand der nächsten Schäre. Aber wieder
einmal klappte alles gut, wir bogen links ab und waren im ruhigen Wasser der
Bucht hinter Smögenholmen. Wir motorten in der Bucht auf und ab und tasteten
uns dann vorsichtig in eine kleine Einbuchtung, die am ehesten auf Elmars
Beschreibung des Ankerplatzes passte. Und richtig, da waren sie, die Felsenhaken.
Und bis kurz davor war das Wasser noch 3 m tief. Wir fuhren wieder zurück
in die Bucht und bereiteten das Schlauchboot vor. Eva ruderte im Dingi vor
um die Leinen an den Haken festzumachen und an Bord zu übergeben. Daniel
musste allerdings 3 Anläufe machen bevor er bei dem vielen Wind die gereichte
Vorleine packen konnte. Danach ruderte Eva wie verrückt mit
der Heckleine zu den Felsenhaken auf der anderen Seite der Einbuchtung, bevor
Daniel mit Aphrodite an der Vorleine hängend seitlich an die Felsen abtreiben
konnte. Der Wind kam nämlich leider nicht genau von vorne sondern auch
etwas seitlich zu der Position, in der wir liegen wollten. Wir waren schnell
genug. Puh! Vorne und hinten erst mal irgendwie fest! Jetzt begann das Fine-Tuning.
Wir tüdelten insgesamt 2 Stunden mit allen Leinen herum, die wir so hatten.
Zwischenzeitlich hatten wir 3 Heckleinen an Aphrodite angebracht. Was für
ein Geflecht! Wir mussten echt lachen. Eva titulierte sich selber als der
"Depp im
Dingi" und flitzte wie eine Seilfähre an den bereits befestigten
Leinen hin und her, stieg an den Felsen aus und verteilte die Leinen neu.
Schließlich hatten wir 2 Heckleinen an 2 verschiedenen Haken, 2 Vorleinen
an einem Haken und zusätzlich den Anker an einem Fels verhakt installiert.
Wir lagen gut und fest! Bei dem doch nicht wenigen Wind konnten es einfach
nicht genügend Leinen sein. Und bitte auch mit Ruckfendern um unsere
Bordbeschläge zu schonen. Wenn uns bei der Aktion jemand beobachtet hätte,
hätte er seine Freude an uns gehabt.
Zur Belohnung gab es natürlich wieder mal, na was: heißen Kakao. Mit dem Kakao im Bauch, Kamera und Fotoapparat in der Hand gingen wir mit dem Dingi an Land. Wir liefen knapp 2 Stunden über die Schäre, machten Fotos und genossen vom höchsten Punkt einen super schönen Blick auf unsere kleine Bucht einerseits,
Wind und Wellen auf
der anderen Seite und das zwischen den Schären malerisch gelegene Marstrand
am Horizont. Eva schlief auf den Steinen in der Sonne ein. Schären bestehen
zwar fast nur aus Stein, aber es gab viele kleine tapfere Blümchen, Heidekraut
und sogar Reetgras. Der Hunger trieb uns zurück zum Boot. Daniel zauberte
mal wieder "Reis mit Scheiß". Wir hatten rockengemüse
von Edeka. Zucchini, Auberginen, Paprika und Tomaten. Das musste man ½
Stunde in warmem Wasser einweichen und es dann verwenden wie frisches Gemüse.
Ein bisschen schmeckte es zwar doch nach Dosenfutter, aber vor allem die Auberginen
waren sehr lecker und wir waren hochzufrieden mit unseren Alternativen zum
Kühlschrank: Trockengemüse, selbst eingekochtes Fleisch, H-Produkte
und Konserven. Wie wir das hier in Schweden schon so oft erlebt hatten, blies
der Wind am Samstag morgens sanfter, alles war noch regennass, aber die Sonne
schien schon wieder. Am Horizont zogen die letzten dunklen Wolken davon. Wir
frühstückten Pfannekuchen und legten ab.
Beim Heraussegeln aus der Bucht schwamm ein Seehund vorbei. Das sah richtig
genüsslich aus, wie er die bärtige Schnute aus dem Wasser hielt
und uns nguckte.
Wir segelten Raumschotskurs komfortabel nach Nordosten bis an die Nordspitze
der Insel Tjörn. Es folgte eine anstrengende Kreuz bei kurzer harter
Welle den Fjord an der Ostseite Tjörns hinunter gen Süden. Später
ging es hart am Wind in das enge geschützte Fahrwasser bei Instön
hinein. Wir machten zunächst tapfer einen Kreuzschlag nach dem anderen,
aber zu guter Letzt mussten wir doch den Motor anschmeißen und nahmen
die Fock runter. Wir futterten Stullen und Waffeln im Nieselregen. Als wir
aus dem Fahrwasser herauskamen, wurde es noch mal heftig. Uns standen 7 Windstärken
entgegen und der Regen nahm einem fast die Sicht. Der Spuk dauerte aber zum
Glück nur eine Stunde an. Wir segelten dann ohne Regen bei konstant 6
Beaufort durch den Björkö-Fjord auf Göteborg zu. Das lag nur
noch um die Ecke. Eva stand an der Pinne, Daniel navigierte. Am Ende des Fjordes
bogen wir links in die Schären Richtung Göteborg ein. Daniel faselte
etwas von Untiefen, die er auf der Karte nicht genau orten könnte und
deren Tiefe auch nicht genau ersichtlich wäre. Er schickte Eva deshalb
dicht an den Klippen entlang. Das war ein irres Szenario mit den Felsen links,
an denen sich die Wellen brachen in dem bleigrauen Meer bei Starkwind. Aber
es waren viele andere Segler unterwegs und die Fahrgasse war betonnt. Also
alles halb
so wild, oder?! Im Nachhinein stellte sich heraus, dass wir eine Detailkarte
gehabt hätten, die Daniel in der Anspannung übersehen hatte. Darauf
waren die Untiefen mit ca. 3 m angegeben, lagen weit außerhalb des Kurses,
den wir gefahren waren und die Tonnen hatten uns zusätzlich daran vorbei
geleitet. Wir bogen nun in das Hauptfahrwasser nach Göteborg ab und nahmen
die Fock runter. 4,8 Knoten nur mit Großsegel! Eine Welle zog Eva an
der Pinne quer durchs Cockpit, weil sie sich nicht sicher genug verklemmt
hatte. So was kann mal eine Patenthalse nach sich ziehen, das darf eigentlich
nicht passieren. Sie setzte sich also besser hin und alles war easy. Wir surften
nun auf Raumschotskurs die bleigrauen Wellen ab in
Richtung der Großstadt Göteborg mit seinem riesigen Hafen, riesengroßen
Frachtern und Fähren, unzähligen Seezeichen und Leuchtfeuern.
Endlich ging das Nebenfahrwasser rechts ab zum Yachthafen des königlichen
Segelvereins "Langedrag". Im Hafen gab es kaum freie Boxen, ohje.
Weiter hinten im Hafen waren die Stege sehr eng beieinander. Nachdem Daniel
ein aarscharf enges Drehmanöver zwischen den engen Stegen hinlegen musste,
nahmen wir einfach eine freie Box an einem der großen Stege und legten
unseren Winzling zwischen eine Luffe 40 und eine große Sweden Yacht
51. Ein paar Plätze weiter lag sogar eine Yacht zur Teilnahme am nächsten
Volvo Ocean Race. Und wir mitten drin... Geschlafen haben wir dann beide gut.
Wir waren hatten ja auch in 9 Stunden gut 50 Seemeilen gesegelt.
Sonntag der 28.08.05
war Pausentag!!! Erstmal ein Käffchen, Brotteig angesetzt und erst um
10.30 Uhr langsam Richtung Duschen gebummelt. Es war Regattatag des Segelvereins
und unzählige Laser, 420er-Jollen und diese Mini-Einer-Kielboote in Kajakgröße
liefen aus. Wir gingen auf den Steg um die Regatten anzugucken. Da trafen
wir einen Deutschen mit seinem Sohn. Die beiden hatten ihre kleine 25-Fuß-Dehler
von Lindau am Bodensee nach Kiel getrailert und sind dann die schwedische
Küste hochgesegelt. Jetzt saßen sie hier schon 4 Tage fest, weil
der Wetterbericht täglich 6 -7 Windstärken mit hohen Wellen vorhersagte
und das ist für eine 25-Fuß-Yacht doch ein bisschen viel. Ihr Kommentar:
"
2. Reff im Groß und Sturmfock sind für uns sowieso obligat..."
Wir machten uns ja durchaus auch schon unsere Gedanken. Im 3-Tage-Wettertrend
auf Deutschlandfunk, den wir über unseren kleinen Weltempfänger
jeden Abend abhörten, wurde jeden Tag erneut für den jeweils übernächsten
Tag mal nur Windstärke 3 -4 angesagt. Ansonsten immer nur 6 -7 Windstärken
bei durchschnittlich 3 m hohen Wellen. Wir waren beide zu müde, in die
Stadt zu fahren und uns Göteborg anzusehen. Wir strolchten auf den Stegen
umher, machten einen langen Mittagschlaf und freuten uns über die Regatten.
Füße Hochlegen war mal absolut notwendig. Wir wollten auch ausgeruht
sein, sollten wir morgen den Sprung übers Kattegatt zurück starten.
Nachts zaulte der Wind ungeheuer in den Masten.
Am Montagmorgen sagte der Wetterbericht 6 Windstärken aus Südwest, in Schauerböen 7 Windstärken, später abnehmend 5 Windstärken westdrehend bei 3 m Wellenhöhe voraus. Das ging! Die ersten 10 Meilen würden wir noch wischen den Schären vor den Wellen geschützt segeln können. Dann wäre es ja nett, wenn der Wind bis dahin auf West gedreht hätte, so dass wir nicht ganz so hoch am Wind durch die Welle stampfen müssten. Also los! Kurz nach 8 Uhr waren wir mit dem 2. Reff im Groß und der Sturmfock unterwegs. Wir kreuzten die ersten Meilen zwischen den Schären. Dann kamen wir in offeneres Wasser. Der Wind hatte leider noch nicht auf West gedreht, so dass wir gegen die 3 m hohen Wellen ankreuzten. Das waren schon mächtige Wasserberge! Aber unsere Aphrodite kam gut damit klar, so dass wir nicht umkehren mussten. Zweimal sah man auf dem scheinbar freien Wasser höllisch die Gischt spritzen, das waren Stellen mit einzelnen überspülten Steinen mitten im freien Wasser. Ohne Seekarte wäre man echt verratzt gewesen! Inzwischen schien aber die Sonne, wir segelten weiter hinaus ins freie Kattegatt und das Navigieren wurde leichter. Dank Super-Pep (Anti-Spuck-Kaugummis) und unserer recht seefesten Konstitution war es überhaupt noch möglich, GPS-Punkte in die Seekarte einzutragen und einen Kurs abzustecken ohne den Fischen opfern zu müssen. Nachmittags "flaute" der Wind auf "nur noch" 5 Beaufort ab, leider immer noch aus Südwest. Es stellte sich wieder Genuss am Segeln ein. Unser Boot erkletterte einen Wellenberg nach dem anderen und flutschte auf den anderen Seite ins Wellental. Wir durchsegelten das nördliche Kattegatt bis zum Abend Die Höhe von Anholt passierten wir kurz nach der Dämmerung. Es kamen wieder heftige Schauerböen auf und wir nahmen ieder das 2. Reff ins Großsegel.
Die Nacht auf Dienstag
präsentierte sich sternenklar. Es blieben die hohen Wellen und die 6
Windstärken, am Horizont sah man die Lichter der Berufsschifffahrt auf
der Seeschifffahrtsstraße. Das war alles gleichzeitig schön, bedrohlich,
anstrengend und aber auch machbar und deshalb super. Eva sah 4 ternschnuppen,
Daniel 3. Wir stahlen uns hier und da 10 Minuten Schlaf und sehnten uns nach
der Einfahrt in den Sund, damit die Schiffsbewegungen endlich ruhiger würden.
Es wurde auch ganz schön kalt trotz der guten Segelanzüge. orgens
um 3 Uhr machte wir trotz der Wellen die Nudeln von Sonntag warm. Eva flog
mit dem Topf fast durch die Kajüte, als eine der höheren Wellen
uns von links nach rechts warf. Das warme Essen tat gut, obwohl wir beide
nicht so viel schafften wie sonst. Um 6.30 Uhr legten wir endlich in Helsingör
im Yachthafen mit Blick auf das Schloss an. Wir packten die nassen Polster,
Schlafsäcke und Kissen in die Sonne, futterten beide drauflos und schliefen
dann in die Fleece-Decken gehüllt 4 Stunden lang ganz ganz tief. Als
wir um ca. 11 Uhr aufwachten, schien die Sonne aus rein blauem Himmel, es
waren ca. 3 bis 4 Windstärken aus Nordwest am Werke und es segelten Boote
nur mit Genua auf Raumschotskurs am Hafen vorbei. Wir waren plötzlich
wieder ganz und gar munter. Nach dem inzwischen obligatorischen Kakao (mal
ohne Rum...) hatte Eva auch wieder ganz warme Füße. Die Hafenmeisterin
wollte für die paar Stunden, die wir da gelegen
hatten, kein Geld haben. Wir spülten das Geschirr, räumten alle
Polster wieder ins Boot und waren schon wieder unterwegs. Noch im Hafen setzten
wir die Segel und glitten mit über 5 Knoten, ohne Welle (!), in der Sonne
und mit Strom in unserer Fahrtrichtung gen Süden dahin. Perfekt! Wir
frühstückten in der Sonne. Eva hatte in Helsingör, entgegen
unseren Selbstversorgungsplänen, doch mal ein Brot gekauft. Das war auch
tatsächlich das einzige, was wir an Lebensmitteln in den 3 Wochen einkauften.
Ach ja, das war reines Genuss-Segeln an Kopenhagen vorbei. Hier setzten wir
bei weiter nachlassendem Wind den Spinnaker. Eigentlich hatten wir ja vor,
noch bis Rödvig zu segeln. Aber am Eingang in die Kögebucht war
dann totale Flaute. Die Fische wollten auch nicht geangelt werden. Also
schmissen wir den Motor an und motorten zurück in das vor Kopenhagen
auf Amager gelegene Städtchen Dragör.
Wunderschön! Es war total gemütlich. Daniel kochte wieder mal "Reis mit Scheiß" mit Trockengemüse und eingekochtem Fleisch, wir kramten noch ein bisschen rum und schliefen schnell in.
Nach dem Frühstück am Mittwochmorgen genossen wir die erste heiße Dusche nach Göteborg. Danach spazierten wir noch durch den gemütlichen Hafen und das Städtchen. Jemand schliff ein Boot bis aufs GFK ab, das kannten wir doch.... Es gab viele alte Speicherhäuschen und die für Dänemark so typischen tockrosen hinter den Holzzäunen und an den Hauswänden. Um 11.30 Uhr segelten wir mit frischem Nordwest-Wind in der Sonne Richtung Rödvig. Angelglück hatten wir wieder nicht und dann waren wir auch wieder zu schnell. Makrelen schwimmen zwar 3 Knoten schnell, aber wir segelten mindestens mit 5 Knoten. Kurz vor Rödvig riefen wir Markus zum Geburtstag an und erzählten, dass wir gerade das Markus-Schricker-Gedächtnis-Kap rundeten. Schließlich hat er hier im April das ein oder andere Mal an die Fische geopfert. Und auch heute standen hier schon wieder 1,5 Meter hohe Wellen trotz moderater 4 bis 5 Windstärken. Um 18 Uhr erreichten wir Rödvig. Der Anleger wurde knifflig. Bei starkem Seitenwind mussten wir in eine Box anlegen. Aber inzwischen machte sich doch die Übung bemerkbar. Zur Belohnung gab es Kakao und wir guckten uns gemütlich der Rödviger Mittwochs-Regatta an. Eva konnte nachts schlecht schlafen. Irgendwie hatten wir das Boot doch etwas stramm angebunden. Jedenfalls ruckte es immer wieder heftig in die Vorleinen und Eva träumte von ausgerissenen Bugklampen. Daniel knurrte nur, das alles ok wäre und schnarchte weiter. So ein gesunder Schlaf...
Eva war dann auch
am Donnerstagmorgen knörig. Es gab zur Aufmunterung ganz viele dünne
Pfannekuchen mit den letzten Eiern, wir spülten ab und machten uns auf
den Weg nach Hause. Es waren 5 Windstärken aus Ost-Süd-Ost angesagt,
morgen dann aber Gewitterböen bei ansonsten umlaufenden Winden. 5 indstärken
fanden wir schon lange nicht mehr viel und wollten durchsegeln bis Schlutup
zu unserem Liegeplatz. Unsere Windpilot-Selbststeueranlage übernahm mal
wieder die Arbeit an der Pinne. Wir liefen erst mal quer über die Fakse-Bucht
hoch am Wind in Richtung Mön. 2 m hohe Wellen, wir hatten uns eigentlich
ein angenehmeres Segeln vorgestellt, Eva hatte immer noch schlechte Laune.
Also fieberten wir auf die Kreidefelsen von Mön hin. Einerseits sind
sie immer wieder ein erhebender Anblick, (schade, dass Mön von Rügen
abgebrochen und hierhin getrieben ist...) andererseits würden wir nach
der Spitze Möns deutlich abfallen können und hätten dann einen
wesentlich angenehmeren Kurs zum Wind mit weniger Spritzwasser. Nach ca. 3
Stunden erreichten wir Mön. Nach dem Abfallen segelten wir einen Kurs
ziemlich genau quer zu Wind und Wellen. Es schaukelte immer noch ziemlich.
Plötzlich erhob sich neben uns eine unglaublich hohe, steile, türkisblaue
Wand aus Wasser. Eva hat wohl irgendwelche Töne von sich gegeben, als
die Wasser-Wand Aphrodite genau von der Seite packte und verdammt weit auf
die Seite drückte. Noch währenddessen war Eva sich sicher, dass
wir ganz querschlagen würden und sah es in Zeitlupe genau so weiterlaufen.
Aber wir schlugen nicht quer. Dafür kam ein ordentlicher Schwall Wasser
über die Leekante ins Cockpit. In Lee saß auch Daniel und war in
der Ecke unter der Sprayhood ein bisschen eingenickt. Ihm flogen während
der Aktion ein wenig die Füße hoch, er kriegte das ganze Wasser
auf den Schoß, aber schon kurz bevor Aphrodite sich wieder aufrichtete,
sagte er: "Da war noch Luft drin!". Daniel hatte ja die Augen zu
gehabt und hatte das Monstrum nicht anrollen sehen!!! Wo kamen hier nur so
große Wellen her bei nur 5 Windstärken? Tja, der Fetch war hier
sehr lang, die Wellen konnten sich von Russland her aufbauen und mit nur 20
m Wassertiefe war es hier auch relativ flach. Wir nahmen dann zum ersten Mal
die von Eva installierte Handbilgenpumpe in Betrieb. Sie funktionierte perfekt.
Wir hatten über die Backskisten ca. 30 bis 40 Liter Wasser aufgenommen,
dass nun bis über die Bilge in der Kajüte stand. Daniel steuerte
danach lieber von Hand weiter. Die Windpilot-Selbststeueranlage funktionierte
zwar prima, aber sie konnte eben nicht denken. Wenn wir eine sehr große
Welle anrollen sahen,
konnten wir vorher etwas abfallen, damit wir die Wellen in einem günstigen
Winkel trafen und sie uns nicht volle Breitseite erwischten wie das Ding eben.
Nachdem drinnen alles wieder halbwegs trocken war, traute Eva sich auch ieder
vorsichtig ins Cockpit. Zur Begrüßung kriegte sie eine volle Eimerladung
Salzwasser direkt über den Kopf. Danke Ostsee! Dank der Abdeckung durch
Rügen und den Darß wurden die Wellen wieder kleiner. Wir konnten
noch weiter abfallen, surften an Gedser vorbei und waren unglaublich schnell.
Eva hielt jetzt den Rekord mit 7 Knoten durchs Wasser. Außerdem hatten
wir noch tromversatz in unsere Richtung, so dass wir zwischenzeitlich 9,5
Knoten über Grund liefen. Ja, so hatten wir uns das gewünscht! Die
Windpilot-Selbststeuerung war wieder an der Reihe und wir aßen heiße
Bockwürstchen im onnenuntergang.
Kurz nach Mitternacht
am Freitag den 02.09.05 hörten wir über Funk eine Notrufmeldung
eines anderen Seglers. Die Position des Notrufs lag in der Niendorfer Bucht.
Das war ca. 20 Meilen südlich von uns, so dass wir sowieso nicht helfen
konnten. Später hörten wir über Funk, dass Hilfe aus Neustadt
kam und alles schien im Griff zu sein. Trotzdem ein komisches Gefühl,
mitzukriegen, dass ein anderes Segelboot den Seenotrettungskreuzer brauchte.
Um 1 Uhr hatten wir plötzlich Flaute und unser braver Diesel musste ran.
Wir schliefen abwechselnd. Das war die erste Nacht, in der wir beide nennenswert
schlafen konnten. In den frühen Morgenstunden wurde es diesig, obwohl
man noch die Sterne erkennen konnte. Man sah auch schon das Leuchtfeuer von
Travemünde.
Nun wurde es langsam richtig hell und wir motorten durch die Travemünder
Enge. Wir hatten schon die ganze Nacht hindurch Wetterleuchten am Horizont
gesehen. Nun erwischte uns zu guter Letzt doch noch ein Gewitter knapp hinter
dem Skandinavienkai. Man sah einen Blitz nur 800 m entfernt. Wir wurden aber
nur ordentlich nass und motorten im Regen die letzten 3 Meilen nach Schlutup.
Um 7.40 Uhr waren wir wieder zu Hause in Schlutup, Boot wieder fest und glücklich.
Wir schrieben später das Logbuch zu Ende und zogen Bilanz: 693 Meilen unter Segeln und 149 Meilen unter Motor. Also 842 Meilen insgesamt in 19 Tagen. Das war ganz schön viel. Alles in allem war das ein superschöner, wenn auch anstrengender, sehr intensiver Urlaub gewesen. Und wir beide funktionieren als Team ziemlich gut. Also mehr davon!!!